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VanSpiRetreat - was eine Schreib-/Meditations-/Stille-Auszeit mit selbstgesteuertem Lernen zu hat

Bild von einem handgeschriebenen Papier, das verbrennt
Alles Geschriebene wird zum Schluss verbrannt

 

Ganz ungeplant haben die VanSpiDays ein Geschwisterchen bekommen, nämlich das VanSpiRetreat - eine Auszeit voll Stille, Meditationen und Schreiben.

 

Die Gestaltung des Retreats hat sehr viel mit selbstgesteuertem Lernen zu tun, so dass ich hier einen kleinen Einblick in diese für mich sehr besonderen drei Tage geben möchte.

 

Vielleicht findest du in dem Artikel ja Inspirationen für deine eigene Auszeit oder für dein selbstgesteuertes Lernen. 

Wie aus einem geführten, ein selbstorganisiertes Retreat wurde


Schon seit vielen Jahren wollte ich für ein paar Tage in ein Schweigekloster, um abzuschalten, nach innen zu kehren, um vielleicht die ein oder andere besondere Erkenntnis zu gewinnen. Gerade das Abgeben der Verantwortung für den Prozess erschien mir sehr reizvoll. Zudem kam nach einer Weiterbildung im therapeutischen Schreiben der Wunsch auf, die Stille mit Schreib-Meditationen zu kombinieren. Genau das war es, auf das ich richtig Lust hatte.

 

Und dann stellte sich heraus: es gab kein passendes Angebot dafür in dem Zeitraum, der für mich in Frage kam. Was also tun? Warten bis zum nächsten Termin oder das Ganze einfach selbst in die Hand nehmen?

 

Ich praktiziere seit 20 Jahren verschiedene Meditationsformen sowie Selbst-Hypnose und hatte ca. 25 meditative Schreibübungen gelernt, die ich endlich zur Anwendung bringen wollte. 

 

Also machte ich das, was ich beim Lernen ganz selbstverständlich und regelmäßig tue: ich organisierte mir meinen Retreat einfach selbst. Als krönenden Abschluss meines Sommer-Urlaubs.

Der Rahmen des Retreats


Bild von einem Wald mit Blick auf einen VW Bus
Stille, Abgeschiedenheit, See - perfekte Location

 

Der Ort:

Da ich bereits einmal in einem Kloster war, wusste ich, dass ich dort zu sehr nach außen gerichtet bin, d.h. ich schaute mir die anderen Leute an, überlege, was sie wohl hierher geführt hat, wie das Kloster entstanden ist, wer hier sonst so lebt usw. Es ist für mich eine so inspirierende Umgebung, dass sie meinen Geist zusätzlich beflügelt, statt die innere Einkehr zu fördern.

 

Also entschied ich mich für eine vertraute Umgebung, nämlich meinen VW-Bus. Mit diesem fuhr ich an meinen Lieblingsort, wo ich aufgrund des Wetters tatsächlich völlig alleine im Wald stand und zugleich in wenigen Minuten an meinem Lieblingssee sein konnte. Natürlich eignet sich auch ein Hotel oder das eigene Zuhause, wenn man sich dort komplett abschotten kann. 

 

Die Stille:

Stille bedeutet für mich mehr als Schweigen. Ich wollte nicht nur nicht sprechen, sondern auch nichts hören oder lesen. Ich hatte nur mein Handy dabei, stellte aber alles aus: E-Mail, Internet, Hörbücher, Musik, alle Apps inklusive Messenger (am Tag zuvor war ich ca. 1h beschäftigt, allen möglichen Leuten bescheid zu geben, dass ich 3 Tage nicht erreichbar sein werde - krass). Ich hatte es nur mitgenommen, um 1x am Tag meinem Lebensgefährten bescheid zu geben, dass alles ok ist und für ein paar vorher ausgewählte geführte Meditationen.

 

Die Versorgung:

Ich habe in den drei Tagen nur heißes Ingwer- und kaltes Zitronenwasser getrunken und Äpfel gegessen. Irgendwie war mir danach, auch meine Verpflegung auf ein Minimum zu reduzieren. Und tatsächlich verspürte ich an diesen Tagen keinerlei Hunger oder Appetit.

 

Das Programm:

Ich erstellte mir gemeinsam mit einer Meditationslehrerin eine Art Programm: morgens um halb sechs aufstehen, meditieren, schreiben, gehen, pausieren, meditieren, schreiben, gehen, meditieren, abends um 21 Uhr ins Bett gehen etc. Spoiler - aus dem frühen Aufstehen wurde nichts: ich schlief beide Nächte gute 11 Stunden wie ein Stein, ich vermute, es lag an den Meditationen. 

 

Eine wichtige Erkenntnis für mich war: das Programm zwar als Orientierung nehmen, aber die Wahl und Dauer der Meditationen und Schreibübungen spontan vornehmen. 

Das Schreiben


Auch Bildkarten kamen beim Schreiben zum Einsatz
Auch Bildkarten kamen beim Schreiben zum Einsatz

 

Das Schreiben ist seitdem ich ein Kind bin, mein Ventil und meine Ausdrucksform. So kann ich Struktur und Ordnung in meinen Kopf bringen, so komme ich auf neue Ideen und neu: so gehe ich kreativ und intuitiv an Herausforderungen heran. Es ist zu einer Selbstcoaching-Methode geworden.

 

Das Schreiben nahm auf dem Retreat also einen wesentlichen Teil ein. Und immer stellte ich eine Meditation vorne an.

 

Als Schreibformen wählte ich kritzelndes, achtsames, kreatives, abschreibendes, gestalterisches, lösungsfokussiertes, perspektivisches, ergänzendes und intuitives Schreiben aus. Jede Schreib-Übung dauerte zwischen 5 und 90 Minuten. 

 

Da ich in das Retreat völlig absichtslos anging und einfach schauen wollte, was auf mich zukam, konnte ich flexibel die verschiedenen Übungen spontan aus meinem vorbereiteten Pool auswählen. Insgesamt war ich am Tag ca. 3-4 Stunden mit Schreiben beschäftigt.

 

Ich schrieb ausnahmslos per Hand auf Papier und mit Stift. Neben dem Effekt, dass die Hand das Denken und Fühlen ganz unbewusst und automatisch nach außen - zu Papier - bringt, hat es noch einen anderen wichtigen Zweck: zum Abschluss verbrannte ich alle Seiten - das Schreiben sollte nicht dem Festhalten dienen, sondern nur als Ausdrucksform im Hier und Jetzt.

Die Meditationen


Bild vom See
Mein Haupt Meditations-Platz am See

 

Vorab stellte ich mir verschiedene Meditationen zusammen. Es waren geführte dabei, aber auch reine Atem-Meditationen und Pranayama-Übungen. Sie dauerten zwischen 15 und 90 Minuten. 

 

Vor Ort merkte ich schnell, dass die geführten Mediationen, die einen Inhalt hatten (z.B. "Entspannung") nicht passten. Bis auf zwei Geh-Meditationen, bei der ich immer bis 108 und zurück zählte sowie einer mit einem inneren, selbst entwickelten Mantra, machte ich nur reine Atem-Meditationen und Pranayama (Atem-Yoga-Übungen).

 

Diese führte ich an unterschiedlichen Orten durch: im Wald, am See, im Gehen und im Bus. Sehr schnell merkte ich, wie sehr es das intuitive Schreiben beflügelte. Pro Tag meditierte ich etwa 3-4 Stunden.

Und was hat es gebracht?


Natürlich wurde ich danach von vielen Leuten gefragt, wie es war und v.a., was es gebracht hat. Klar, hat es mich entspannt und erholt. Aber es hat weder zu Erleuchtungen oder zu Erkenntnissen der besonderen Art geführt. Macht nichts, denn es war ja ganz absichtslos geplant.

 

Erst nach ein paar Tagen fiel mir der richtige Begriff ein: der Retreat hat mich innerlich aufgeräumt. Was vorher unsortiert in meinem Geist und Herzen herumschwirrte, hat nun einen Platz bekommen - und das ist sehr wohltuend.

 

Es hat mir auch Mut gemacht, mich auf meine nicht so oft gezeigten Kompetenzen zu besinnen (Meditation, Selbsthypnose) und Neues (das "therapeutische" Schreiben) auszuprobieren, dabei alles selbst zu organisieren und zu einem sinnvollen Ganzen zu formen, und mich aus der Situation heraus leiten zu lassen, statt einem Programm zu folgen. 

 

Einen riesigen Effekt hatte für mich das rituelle Verbrennen des Geschriebenen zum Schluss. Es machte mir deutlich, dass Loslassen gut tut

 

Natürlich wäre ich nicht ich, wenn es nicht auch meinen Geist befeuert hätte. Die Parallelen zum Vorgehen beim selbstorganisierten Lernen wurden so offensichtlich, dass mir klar wurde, dass dafür eine ganz bestimmte Haltung notwendig ist, nämlich Selbstverantwortung und Vertrauen in die Selbstwirksamkeit. Diese möchte ich bei den Lerncoachings und Lernprojekten noch viel mehr in den Fokus rücken als bisher.

 

Und wer weiß, vielleicht gibt es ja auch mal solch ein VanSpiRetreat mit anderen oder einen Teil davon als Lernpraline ... wir werden sehen. Falls du Interesse an so etwas hast, lasse es mich gerne wissen.