· 

Nachhaltiges (e)Training - ein Überblick

   

Erstellt 09.2022, aktualisiert 09.2024
Die Welt aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, erweitert den Horizont.

  

Manchmal ist es aber auch nervig, da man etwas sieht, was man gar nicht sehen möchte, weil es Konsequenzen fordert.

  

Und oft sehen wir viel zu viel und dabei Widersprüchliches und können daher das Gesehene gar nicht richtig einordnen. 

  

So geht es uns, wenn wir unser Kerngeschäft, das Training, durch die Brille des Klimaschutzes betrachten. Anlässlich des globalen Klimatages Ende September haben wir auf LinkedIn einige Artikel veröffentlicht, die wir hier zusammengefasst haben.  

Vorab: whataboutism bringt uns nicht weiter


Einige Reaktionen auf Linkedin waren zu erwarten: "Warum denkst du über Videos nach, Fliegen ist doch viel schlimmer!", "Warum machst du eTraining schlecht, das ist doch viel besser als Präsenztrainings!". Natürlich gibt es immer Verhaltensweisen, die schlimmer sind. Doch whataboutism bringt uns nie weiter. 

 

Einen Kommentar bei LinkedIn fand ich sehr erfrischend:

  • Barfuß laufen ist klimatechnisch besser als mit Schuhen.
  • Mit Schuhen zu Fuß ist besser als mit Fahrrad.
  • Mit Fahrrad ist besser als mit Bahn.
  • Mit Bahn ist besser als mit Auto.
  • Mit Auto ist besser als Fliegen.
  • Mit Flugzeug ist besser als ...

 

Es bleibt uns überlassen, was wir gut machen können und tun wollen. Barfuß laufe ich sehr gerne, aber nicht um von A nach B zu kommen, sondern auf der Wiese oder am Strand :-).

Was können wir als kleines Institut tun?


 

Wir sind ein kleines Unternehmen, bestehend aus 2 Personen mit 2 Mitarbeitenden und einem festen Trainer:innen-Netzwerk. Klar, dass wir keine Sustainability Manager haben wie in großen Firmen üblich. D.h. wir müssen uns selbst darum kümmern, was wir als Trainings- und Coaching-Betrieb in Sachen Klimaschutz tun können. Was haben wir bisher gemacht - was ist ganz einfach zu verändern?

 

 

1) allgemeine touchpoints zu ökologischer Nachhaltigkeit im Business identifiziert

Die Liste begann bei Materialien und Technik, ging über Art von Trainings und Reisetätigkeiten und berücksichtigte auch die Auswahl der Geschäftspartner:innen.

 

 

2)  Auswahl der Geschäftspartner:innen überdacht, z.B.:

  • Firmenkonten bei GLSBank (seit 10 Jahren sehr zufrieden!)
  •  Strom und Gas bei lichtblick 
  • Buchbestellungen bei buch7
  • Nachhaltiges Catering, wie z.B. bei rigolettomuenchen
  • Büromaterial so wenig wie möglich und wenn, dann bei memobueroartikel
  • ...

 

3) Eigene Verhaltensregeln etabliert

  • keine Inlandsflüge mehr - auch nicht ins nahe Ausland
  • bei eigenen Veranstaltungen keine Fleischprodukte
  • keine give aways mehr, keine materiellen Kund:innen-Geschenke mehr
  • Technik-Kreislauf etabliert, weggeworfen wird nichts
  • Neuanschaffungen mehrmals überdenken
  • Hybrid- oder Online-Veranstaltungen ermöglichen, um Reisetätigkeiten zu reduzieren

    Weitere Vorschläge aus der Community:
  • besser Zug als Auto fahren
  • keine Handouts in Papierform, sondern nur digital
  • Flipcharts auf Vorder- und Rückseite beschriften
  • Flipchart-Gestaltung auf Wiederverwertung ausrichten
  • Auffüllbare Flipchart-Stifte verwenden
  • bewusste Auswahl nach ökologischen Kriterien der Tagungs- und Übernachtungsbetriebe

 

 4)  Konkrete Fragestellungen zu unserem spezifischen Business formuliert
(Training und Coaching)  - dazu weiter unten mehr. 

Videos im eTraining achtsam einsetzen


 

Dass Online-Seminare ökologischer sind als Präsenztrainings dürfte klar sein (weniger Reisetätigkeit, Klimakosten durch Räume, Materialien ... ). Doch das Online-Training auf den Öko-Sockel heben, wollen wir auch nicht, sondern die oben erwähnte Brille aufsetzen.

 

Videos gehören zum eTraining / eLearning Business aus guten Gründen einfach dazu. Und zugleich ist auch klar, dass das Streamen von Videos sehr viel CO2 verbraucht (natürlich im Vergleich zu Autofahren ist das sehr wenig - siehe Infografik ganz unten - trotzdem seien Gedanken hierzu erlaubt).

 

Tipps für unsere klimabewussten Teilnehmenden:

  • über Glasfaser anschauen ist deutlich emissionsärmer als über Kupferkabel (nur relevant, wenn man eine Wahl hat)
  • am besten zu Hause im WLAN die Videos anschauen. Das Unterwegs-Gucken über Mobilfunk verbraucht bei 3G 45x mehr CO2 als Glasfaser. 5G dafür nur 2,5x so viel und unwesentlich mehr als über Kupferkabelnetz.
  • Videoqualität verringern. 4k braucht es sicherlich nur bei sehr kleiner Schrift und feinen Details ...
  • Je größer der Bildschirm, desto größer scheint auch die Netzlast zu sein - daher ist es gut, die Videos auch auf dem Tablet oder SmartPhone anzuschauen

 

Bedeutung für uns eTrainer:innen

  • Video-Produktion auf kleine Bildschirme und niedrige Auflösung optimieren.
  • Als mobil Arbeitende das SmartPhone auf jeden Fall auf 5G umstellem.
  • Die Anzahl und Länge der Videos überdenken: manches kann genauso als Audio-Input oder schriftlich vermittelt werden.

 

ℹ️ Wir haben uns bei unseren Überlegungen u.a. an diesem sehr aufschlussreichen Artikel von Utopia orientiert.

Sind LiveOnline Seminare / Webinare ökologisch?


 

 

Bei diesem Thema tun sich für uns viel mehr Fragen als Antworten auf - sind als Impulse zu sehen, die Aufmerksamkeit im (e)Training mal auf ganz andere Dinge als bisher zu richten.

 

Stichwort: Rechenzentren:

  • Verwendung "grüner" Rechenzentren, die weniger Energie (überwiegend aus erneuerbaren Ressourcen) und weniger Platz brauchen und nur minimalen Elektro-Schrott produzieren usw.
  • Bei den gängigen Webinar-Plattformen können wir zwar das Land wählen, in dem das Rechenzentrum steht (wegen DSGVO), aber nicht den Grad der Umweltfreundlichkeit. Das würde ich mir sehr wünschen (so wie bei bei Google Maps, das eine umweltfreundlichste so wie die schnellste Route zur Auswahl stellt).
  • Oder einen Upgrade z.B. bei Zoom, bei dem man ein bisschen mehr zahlt, aber dafür garantiert nur grüne Rechenzentren verwendet werden. 

 

Stichwort: Wahl der Videokonferenz-Plattform nach ökologischen Kriterien 

  • Welche Videokonferenz/ Webinar-Plattform ist eigentlich am umweltfreundlichsten - dieses Thema ist mir noch nie in irgendwelchen Gegenüberstellungen über den Weg gelaufen.
  • Ich weiß durch mein mobiles Arbeiten, dass eine MS Teams Sitzung deutlich mehr Strom braucht und eine höhere Netzauslastung benötigt als zoom. Ich würde mir das als Standard bei technischen Vergleichen wünschen.

 

Stichwort: Umweltfreundliches Live-Online-Trainieren

  • Utopia hat in einem Artikel einmal vorgeschlagen, die Videos nicht anzumachen, weil das mehr Strom und Bandbreite benötigt. Das käme für mich aus methodischer Sicht nicht in Frage.
  • Aber ich stelle fest: wann immer ich mit 2. Kamera arbeite, z.B. um etwas mit Gegenständen zu demonstrieren, ist die Dateigröße der Aufzeichnung danach viel größer. Hier bin ich noch auf der Suche nach validen Infos. 
  • OBS ist ja ein cooles Tool für Live-Sessions. Auch hier habe ich den Eindruck: die Nutzung / Integration braucht deutlich mehr Ressourcen. Wieder einmal fehlen mir hier verlässliche Messwerte.

 

Online Öko-Seminarhaus - ist das Quatsch?


 

Es ist ein Dilemma: einerseits ist es mir seit Jahren wichtig, die Idee eines einladenden Online-Seminarhauses zu verwirklichen, in dem sich die Teilnehmenden in den asynchronen Lernphasen gerne und lange aufhalten.

 

Andererseits ist dieser innere Anteil in mir, der sagt: „ökologisch ist das aber nicht, das Anstiften zum hemmungslosen Online-Sein“! Gerne würde ich ihn ignorieren.

 

ℹ️ Dieser Artikel von 2018 machte mich zum ersten Mal auf den Zusammenhang zwischen Onlinesein und CO2 Verbrauch aufmerksam - und nachdenklich.

 

Wie die meisten aus meinem Umfeld überlege auch ich tausendmal bevor ich ins Auto steige, ob diese Strecke wirklich nötig ist, ob ich nicht anders ans Ziel käme usw.. Seit Jahren und ganz selbstverständlich.

 

Beim Surfen tue ich das erst seit kurzem: "muss ich jetzt wirklich online sein? Und so lange?". Und auch hier stellen sich mehr Fragen als dass ich hier Antworten liefern kann.

 

 

Muss Technik immer up to date sein, damit wir gut digital arbeiten können?


 

Neulich bekam ich von Kollege Thomas Hanke eine tolle Technik-Liste fürs Online-Training. Sofort hat es mich in den Fingern gejuckt den Bestellknopf zu drücken. Denn: mein Mikro ist schon über 3 Jahre alt, ... anscheinend gibt es eine deutlich bessere Generation an Dokumentenkameras ... und ich arbeite mit einem Ersatz-Ringlicht ... .

 

Gerade wir eTrainer:innen könnten permanent Technik aufrüsten - irgendwie ist immer etwas besser, cleverer und professioneller. Dabei ist eine der wirkungsvollsten Hebel beim Klimaschutz: weniger kaufen!

 

Was können wir grundsätzlich in Bezug auf Technik tun?

  • Ganz einfach: so wenig Neues wie möglich kaufen und dieses so lange wie möglich behalten.
  • Ich tue mir mit diesem ökologischen mindset tatsächlich eher leicht, weil mein Schwerpunkt schon immer das beziehungsorientiert eTraining war, unser Slogan "Mensch vor Technik" lautet und für mich wichtig ist, dass ich mit Minimalgepäck unterwegs hochwertige Online-Trainings machen kann. Ich habe nicht einmal zwei Bildschirme in LiveOnline-Sessions.

 

Was können wir im eLearning / eTraining tun?

🍃 Technik muss zwar einen bestimmten Qualitätsschwellenwert, v.a. bei Mikro und Kamera, erreichen, aber ich muss sie nicht alle 2 Jahre durch Neues ersetzen: Kaufe wenig, behalte lange und ermuntere deine Teilnehmenden ebenfalls dazu.

 

🍃 Bei Technik-Tipps: hier könnte neben Nachhaltigkeitskriterien (Herstellung, Materialien, Lieferwege, Verbrauch, Recycling ...) auch eine Abschätzung abgegeben werden, ob die Anschaffung aus Profi-Sicht es wirklich wert ist.

 

🍃 Da es die Tech Early Adopters zu Genüge gibt, können wir Neues auch immer gebraucht kaufen - ich habe bisher immer gute Erfahrungen gemacht.

 

 

🍃 Wir haben im Team einen Technik-Ringtausch bei Handys, Computern etc.. Auch Einzelunternehmer:innen können sich zusammentun und einen solchen Ring bilden. 

KI ökologisch achtsam nutzen


 

{Nachtrag im September 2024} Als im Herbst 2022 ChatGPT der breiten Bevölkerung zugänglich gemacht wurde, probierten natürlich alle dieses geniale Tool aus. Oft stundenlang. Später kam viele weitere Möglichkeiten hinzu, z.B. das Generieren von Bildern oder Videos. Es ist gut, dass hier viel ausprobiert wird, denn KI-Nutzung avanciert zu einer wichtigen Kultur-Technik. 

 

Genauso wichtig ist es, sich damit auseinanderzusetzen, welche ökologischen Kosten (Energie und CO2 Emissionen) die Nutzung von KI bedeutet. Die Rechenzentren für die Millionen ChatGPT Anfragen und v.a. das Training der Neuronalen Netze brauchen sehr viele Ressourcen.

 

Berechnungen zeigen, dass eine Anfrage an ChatGPT wohl 30x mehr Strom verbraucht als eine Google-Anfrage ... . Leider gibt es keine absolut verlässlichen Zahlen, die Tech-Firmen halten sich bedeckt. Dennoch gehen alle Zahlen in eine ähnliche Richtung. (Quellen: u.a. Klickkomplizen 2024, Unit Trier ...).

 

 

Dazu kommt, dass eine Bildgenerierung soviel CO2 Emission kostet eine ca. 7 Kilometer Fahrt mit einem Verbrennerauto (Quelle: Bild der Wissenschaft 2024). Die CO2 Emission bei einer Textanfrage liegt dagegen nur bei Bruchteil davon. 

  

  Was bedeutet das für uns Trainer:innen?

Egal, wie hoch die Zahlen tatsächlich sind. Uns allen darf klar sein, KI-Nutzung verbraucht Ressourcen. Daher haben wir uns bei mindSYSTEMS verpflichtet, KI ökologisch achtsam zu nutzen, z.B.:

  • Jeden Prompt gut durchdenken und von allen Seiten betrachten (lassen), bevor wir ihn abschicken. Jeder gesparte Prompt ist gut.
  • Keine Bilder generieren, wenn es nicht schon ein passendes in Bilddatenbanken gibt. Und wenn, dann so wenige Versionen wie möglich erstellen lassen.
  • Videos nur dann produzieren, wenn sie wirklich gebraucht und langfristig genutzt werden.
  • Experimentieren mit KI nur mit klarem Ziel und Nutzen oder konkreten Anliegen.

Fazit für das eLearning / eTraining?



 

Es kann kein Fazit geben - denn das ökologische Denken, das sonst überall Usus ist, ist im eLearning oder allgemein beim digitalen Arbeiten noch in den Kinderschuhen. Entsprechend mager sind die Quellen bzw. sehr schwer zu finden. Oft fehlt die Zeit und auch der Sachverstand um Informationen richtig einordnen zu können. Daher schätze ich solche Infografiken wie von Oliver Kunert, die einen super Überblick gibt.

 

Ich fände es toll, wenn Unternehmen, die digitale Produkte (Hard- und Software) anbieten, größere Transparenz bieten würden.

 

Ich fände es toll, wenn Berufsverbände sich dem Thema stärker widmen würden, um professionell Informationen zu kuratieren und Empfehlungen geben.

 

Ich fände es toll, wenn noch mehr Kolleg:innen auch im Digitalen einen bewussten und achtsamen Umgang pflegen und wir uns darüber austauschen würden.

 

Und ich fände es toll, wenn dieses Thema auf jedem Online-Kongress, der über Online-Arbeiten oder Trainieren geht, zu finden wäre. 

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 0